Vom Rittergeschlecht zur Marktgemeinde
Die geschichtsträchtige Vergangenheit von Wilhermsdorf
1096 – 1565 Geschlecht der Edlen von Wilhelmsdorf
Historiker vermuten, dass die Gründung des Ortes auf die Karolinger Zeit im 9. Jahrhundert zurückgeht. In einer Urkunde aus dem Jahr 1096 wird Regil de Willehalmesdorff erstmals urkundlich erwähnt. Der Ortsname entwickelte sich in Laufe der Jahrhunderte in Wilhelmsdorf und später in Wilhermsdorf. Der älteste Grabstein im Judenfriedhof datiert aus dem Jahre 1452. Wolff von Wilhelmsdorf verstirbt ohne Nachkommen im Jahre 1569 als letzter seines Geschlechts. Sein Totenschild hängt in der ev. Pfarrkirche.
Das kühne Rittergeschlecht lebt noch heute im Siegel der Marktgemeinde und im Wappen des Ortes fort.
1566 – 1656 Geschlecht der Freiherren von Burgmilchling
Noch zu Lebzeiten, im Jahre 1566, verkaufte Wolff von Wilhelmsdorf die Rittergüter Wilhelmsdorf und Neidhardswinden an die Brüder Schutzpere, genannt Veste Milchling. Der 1536 geborene Heinrich Hermann von Burgmilchling war der bedeutendste und spätere Alleineigentümer von Wilhelmsdorf.
Im Jahre 1569 wurde Heinrich Hermann vom Kaiser in den Reichs-Freiherren-Stand erhoben.
Die abgebrannte Veste Wilhelmsdorf baute er als stattliche Wasserburg, genannt Burgmilchling, neu auf. Heinrich Hermann von Burgmilchling - der Ältere - verstarb 1592.
Ein in weißen Marmor gehauener Totengedenkstein in der ev. Pfarrkirche zeigt den Freiherrn mit seiner Ehefrau in Lebensgröße.
Im Jahre 1593 übernahm der Sohn mit gleichem Namen die Herrschaft von Wilhermsdorf. Heinrich Hermann der Jüngere war ein gütiger Burgherr und ein Freund der Wissenschaften. Im Jahre 1597 verlieh Kaiser Rudolf II. dem Freiherrn das Privileg, eigene Taler Burgmilchlingtaler zu prägen. Ein Burgmilchlingstaler befindet sich heute im Eigentum der Marktgemeinde.
Im Jahre 1612 wurde Wilhermsdorf zur Herrschaft mit eigener Blutgerichtsbarkeit erhoben. 1632 übernachtete Gustav Adolf von Schweden auf der Burgmilchling. Heinrich Hermann von Burgmilchling - der Jüngere – verstarb 1656 ohne Nachkommen.
Nach dem Tode des Freiherrn von Burgmilchling wechselte Wilhermsdorf mehrmals seine adeligen Besitzer.
1667 – 1760 Geschlecht der Grafen von Hohenlohe
Im Jahre 1667 erwarb Graf Wolfgang Julius von Hohenlohe-Neuenstein die Herrschaft von Wilhermsdorf und Neidhardswinden. Der tapfere Graf hatte bereits in jungen Jahren im Kriegsdienst hohe Auszeichnungen erhalten. Den Aufzeichnungen ist zu entnehmen, dass er im Jahre 1664 im Krieg gegen die Türken bei Wien als Generalfeldmarschall Wolfgang Julius von Hohenlohe-Neuensteinder kaiserlichen Truppen unsterblichen Ruhm erworben hat.
Unter der Herrschaft des Grafen wurden in Wilhermsdorf die Spuren des 30jährigen Krieges beseitigt. Wolfgang Julius von Hohenlohe erwirkte im Jahre 1671 von Kaiser Leopold I. das Marktrecht.
In den Jahren 1672 bis 1693 ließ er die Veste Burgmilchling abbrechen und ein neues Residenzschloss mit Nebengebäuden und Schlossanlage errichten.
Er erteilte den in Wilhermsdorf ansässigen Juden die Erlaubnis, Druckereien zu betreiben. Die in Wilhermsdorf gedruckten jüdischen Schriften wurden in alle Welt verschickt. Die Synagoge und das im letzten Jahrhundert abgebrochene Judentor sind älteren Bürgern noch in Erinnerung.
Nach dem Tode seiner ersten Frau, der Herzogin von Holstein, heiratete er 1689 die junge Gräfin Franziska Barbara von Welz.
Nach neun Jahren glücklicher Ehe verstarb der Graf 1698 im Alter von 76 Jahren. Die Ehe blieb kinderlos.
Im Jahre 1701 heiratete die 35-jährige Witwe den Grafen Philipp Ernst von Hohenlohe aus der katholischen Linie Hohenlohe Waldenburg-Schillingsfürst. Die Gräfin Franziska Barbara wählte weiterhin Wilhermsdorf zu ihrer Residenz.
In den Jahren unter ihrer Herrschaft erlebte Wilhermsdorf die Blüte seiner Geschichte.
Den von Julius Wolfgang geplanten Kirchenneubau verwirklichte sie In den Jahren 1706 bis 1714. Hierzu konnte sie die Würzburger Baumeister Greising und Herrmann gewinnen.
In den Jahren 1707 bis 1718 ließ die Gräfin das Schulhaus in der Burgmilchlingstraße, das Siechenhaus in der Spitalstraße, das Consulentenhaus – heute Rathaus – und die Gottesackerkirche errichten.
Sie verstarb am 3. April 1718 im Alter von 51 Jahren und wurde in einem Prunksarg in der Gruft der ev. Hauptkirche feierlich beigesetzt. Die Gräfin Franziska Barbara ist als Wohltäterin in die Geschichte des Ortes eingegangen.
Nach dem Tode ihres Ehemanns fielen die Lehen Wilhermsdorf und Neidhardswinden zunächst an die beiden minderjährigen Kinder. Im Jahre 1733 übernahm der Sohn Philipp Ernst, Graf von Hohenlohe, die Herrschaft Wilhermsdorf. Er blieb ohne Nachkommen.
1742 schrieb der Pfarrer Johann Christian Wibel die „Historische Beschreibung von Wilhermsdorf“.
1760 bis 1900 vom Adelssitz bis zur Marktgemeinde
Die Kanton-Altmühl-Ritterschaft errichtete um 1770 ihr Verwaltungsgebäude in Wilhermsdorf, das sogenannte Ritterhaus am Marktplatz.
Die Herrschaft fiel an den ältesten Sohn der Schwester, den Grafen Philipp Ferdinand zu Limburg, Bronchorst-Styrum. Unter dessen Herrschaft nahmen die Verhältnisse in Wilhermsdorf keinen guten Verlauf. Er verkaufte 1769 das Besitztum an den Fuldaischen Geheimrat Freiherrn Wurster von Kreuzberg.
Der Zusammenbruch des Adelssitzes konnte nicht aufgehalten werden.
Im Jahre 1796 kam Wilhermsdorf unter königlich preußische Landeshoheit. 1806 wurde es mit dem Ansbachischen Lande an Bayern abgetreten.
1817 übernahm der Regierungsvertreter Herrschaftsrichter Gottlieb Christian Eberhard Wunder im Auftrag des Königs Ludwig die Gerichtsbarkeit von Wilhermsdorf und Buchklingen. Sein Sohn machte sich als Chemiker einen großen Namen. Für seine Entdeckungen erhielt er das Reichspatent Nr. 1.
Das 19. Jahrhundert war auch die Epoche der Vereinsgründungen. Ältester Verein ist der Schützenverein, gegründet im Jahre 1846.
Der Staat versteigerte das unbewohnte Residenzschloss. In den Jahren 1878 / 79 wurde das nunmehr in Privatbesitz befindliche vernachlässigte Bauwerk abgerissen.
Der Ausbau der Eisenbahnstrecke bis Wilhermsdorf erfolgte im Jahre 1895.
Der Markt Wilhermsdorf im 20. Jahrhundert
Bereits 1907 konnte der Ort an das elektrische Netz angeschlossen werden.
Im gleichen Jahr wurde der Johanneszweigverein als Träger der Kinderschule gegründet.
Der 1. Weltkrieg sowie die folgende Wirtschafts- und Währungskrise brachten auch für Wilhermsdorf Leid und Armut.
Im Jahre 1930 wurde die Postkutschenverbindung Wilhermsdorf/Unteraltenbernheim eingestellt.
Das 3. Reich hat auch in Wilhermsdorf Spuren hinterlassen. Die Juden mussten den Ort verlassen. Der 2. Weltkrieg stoppte die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der Marktgemeinde. Nach dem Kriege kamen viele Vertriebene zu uns und fanden eine neue Heimat.
In der Nachkriegszeit hat sich Wilhermsdorf zu einer stattlichen Wohngemeinde entwickelt.
Neue Baugebiete wurden ausgewiesen.
Die kath. Pfarrgemeinde errichtete im Jahre 1963 ein neues Gotteshaus. Im Jahre 1964 konnte ein neues Schulhaus an der Steige eingeweiht werden.
1972 wurde Wilhermsdorf vom Landkreis Neustadt/A. in den Landkreis Fürth/B umgegliedert. 1976 erhielt der Ort ein Hallen-Freibad. 1971 bis 1978 wurden die Orte Dippoldsberg, Meiersberg, Altkatterbach, Kreben , Oberndorf sowie Dürrnfarrnbach und Kirchfarrnbach nach Wilhermsdorf eingemeindet. Mit der Umgehungsstraße, fertiggestellt im Jahre 2002, wird der Ortskern nunmehr vom Durchgangsverkehr entlastet. Im Jahre 2004 konnte der umgestaltete Marktplatz freigegeben werden. Die Einweihung des neuen Rathauskomplexes erfolgte 2005.
Manfred Kilian